Erstfund des Bewimperten Sternlebermoos Riccia ciliata im Saarland

Datum: 

16.10.2003

Ort: 

Hofberg bei Reitscheid

Der Hofberg (NW Reitscheid, 6409/313) ist - was wenig bekannt ist - eines unserer anerkannten Natura 2000-Gebiete. Er wurde als Vogelschutzgebiet (u n d als FFH-Gebiet) gemeldet; die Anerkennung als SPA (special protected area, so heißen die Vogelschutzgebiete in EU-Deutsch) erfolgte im Jahre 2001. Endlich soll er nun auch Naturschutzgebiet werden.


Der Hofberg ist ein extrem flachgründiger, an vielen Stellen felsig aufbrechender Vulkanitbuckel, auf dem seit dem Versuch, ihn mit Douglasien aufzuforsten, keine Nutzung mehr stattfindet. Das schlug zwar weitgehend fehl, die auf etwa einem Viertel der Fläche dennoch wachsenden Douglasien beschatten jedoch die angrenzenden Offenbereich und erschweren die Zugänglichkeit. Seit ca. 25 Jahren sind die ehemals großflächigen offenen Trockenrasen und Felsgrusfluren in stetiger Sukzession begriffen. Während die verbliebenen Offenstellen zum Erhalt des botanischen Artenpotenzials (bisher) ausreichten, hat die Fauna bereits empfindliche Einbußen zu verzeichnen. So ist der Berg im derzeitigen Zustand für die Heidelerche
(Lullula arborea; mit ein Grund für die Ausweisung als Vogelschutzgebiet) als

Lebensraum ungeeignet. Ebenso verschwand der dunkle Puzzlefalter (Pyrgus serratulae) etwa Mitte der 1980er Jahre.

Jetzt wurde mit Pflegemaßnahmen begonnen, die bereits erste Erfolge zeitigten. So konnte der Genfer Günsel (Ajuga genevensis) erstmals überhaupt hier gefunden werden (siehe News 2002[Link fehlt!]). Die Pflegemaßnahmen sind im Gebiet schwierig durchzuführen; sie müssen in Art und Umfang optimiert und weiterentwickelt werden.

Ein Kurzbesuch am 16.10.2003 galt der Begutachtung dieser Pflegemaßnahmen und der Frage, wie einige wertgebende Arten mit dem Extremsommer 2003 zurechtgekommen sind. Dabei wurde auf einem Tierpfad auf dem Plateau des Hofbergs inmitten einer größeren Population von Riccia sorocarpa, das zierliche Bewimperte Sternlebermoos (Riccia ciliata) erstmals im Saarland gefunden werden.

Die Wimpern am Thallusrand (besonders an der Thallusspitze) reflektieren das Blitzlicht und sind auch im Foto zu sehen. R. ciliata wurde auch in Rheinland-Pfalz bisher nur an einer Stelle nachgewiesen und gilt bundesweit als sehr selten und stark gefährdet.

Tierpfade innerhalb von Trockenrasen sind funktional hoch bedeutsame Strukturelemente. Für die Sternlebermoose der Gattung Riccia ist die lokale Verdichtung des Bodens und die damit länger verbleibende Feuchtigkeit essentielle Voraussetzung für das Wachstum. Auch andere wertgebende Moose wie Bryum alpinum oder Campylopus subulatus wachsen an solchen Stellen. Doch auch für die Fauna sind solche linearenSonderstrukturen sehr wichtig. Sie fungieren für alle Dickkopffalter der Gattung Pyrgus als Habitatstruktur für die Revierbildung der Imagines wie auch als Eiablagestruktur. Dies zeigt, dass (maßvolle!) Störungen auch in Schutzgebieten in aller Regel förderlich sind, während eine allzu einheitliche Pflege (wie auch eine zu intensive Störung) nicht zielführend sind.

Autor(en): 

S. Caspari

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