Calypogeia suecica – ein neues Lebermoos für das Saarland

Datum: 

08.10.2012

Ort: 

Wald „Erlenbruch“, Neunkirchen

Nach über 25-jähriger Kartierung der Moose des Saarlandes ist deren Erfassungsgrad mittlerweile so gut, dass jede neue Art, die im Untersuchungsgebiet gefunden wird, für die hiesigen Bryologen ein kleines Ereignis darstellt. Ein solches war die Entdeckung des Laubmooses Buxbaumia viridis (s. News vom 23.09.2012), das Claudia und Thomas Schneider „vor ihrer Haustür“ im Merziger Kammerforst entdeckten.

Um diesen Standort auch im Hinblick auf eine mögliche Sicherung genauer beschreiben zu können, unternahmen die Unterzeichner am 8. Oktober 2012 eine Transsekt-Studie zur Erfassung der in der Umgebung vorkommenden Moosarten, wobei ihr Augenmerk vor allem den Totholz besiedelnden Arten galt. Die Überraschung der drei Moosfreunde abends am Mikroskop war groß, als sie ein auf toten Nadelholzstämmen gesammeltes Lebermoos übereinstimmend als abermals neue Art für das Saarland bestimmen konnten und so die Volksweisheit Lügen straften, dass es immer nur ein Unglück ist, das selten allein kommt, auch ein glücklicher Fund kann weitere im Gefolge haben.

Calypogeia suecica ist in Deutschland nur im Schwarzwald und in den Alpentälern verbreitet, in den übrigen Bundesländern jedoch extrem selten oder fehlend (MEINUNGER & SCHRÖDER 2007). Nachweise aus den benachbarten Gebieten Pfalz und dem lothringer Schichtstufenland gibt es nicht, aus Luxemburg liegt nur die Meldung eines erloschenen Vorkommens vor (WERNER 2011). Die nächsten Wuchsorte befinden sich in den Vogesen (FRAHM 2002).

Da einer der drei aus dem Bryologen-Trio ähnliche Standorte wie im Merziger Kammerforst auch vor seiner Haustür hat, im Waldstück am „Franzosengrab“ zwischen St. Ingbert Ost und Rohrbach, wurde auch hier eine gründliche Nachsuche am 14. Oktober 2012 belohnt durch ein reiches Vorkommen von C. suecica: das Lebermoos wächst hier in mehrere dm² großen Deckenauf einem morschen, am Boden liegenden Kiefernstamm in einem alten Mischwald aus Buchen, Kiefern und Eichen. Begleitet wird es von den Lebermoosen Blepharostoma trichophyllumCephalozia bicuspidataNowellia curvifoliaScapania nemorea und den Laubmoosen Dicranella heteromallaLeucobryum glaucum und Mnium hornum. Auf einem Kiefernstumpf in der Nähe wurden wenige Sprösschen der Art in Begleitung der Lebermoose Cephalozia lunulifolia und Riccardia latifrons gefunden.

Eine gemeinsame Exkursion von U. Heseler und R. Mues im Wald am „Erlenbruch“ südwestlich Neunkirchen lieferte schließlich am 16.Oktober 2012 den nun dritten Nachweis der Art für das Saarland auf einem mächtigen, morschen Fichtenstamm, wo C. suecica neben Riccardia latifrons und R. palmata beobachtet wurde. Zur Zeit ist nicht zu sagen, ob es sich bei den Funden von C. suecicaum Neubesiedlungen handelt oder ob die Art früher übersehen wurde. Zur Beantwortung dieser Frage können weitere Geländebeobachtungen in den nächsten Monaten beitragen.

Die Lebermoos-Gattung Calypogeia ist nunmehr mit 7 Arten im Saarland vertreten: C. arguta, azurea, fissa, integristipula, muelleriana, sphagnicola und suecica; eine achte Art, C. neesiana, wurde im Kartiergebiet nahe der saarländischen Grenze festgestellt.

Literatur: 

FRAHM, J.-P. (2002): La bryoflore des Vosges et des zones limitrophes. Limprichtia 19, 332 S.

MEINUNGER, L. & SCHRÖDER, W. (2007): Verbreitungsatlas der Moose Deutschlands. - 3 Bände: 636+699+708 S. Herausgegeben von O. DÜRHAMMER für Regensburgische Bot. Ges., Regensburg.

WERNER, J. (2011): Les bryophytes du Luxembourg – Liste annotée et atlas. The bryophytes of Luxembourg – Annotated list and atlas (Ferrantia, Trav. Scient. Musée Hist. Natur. Lux. 65). – Luxembourg: 144 p.

Autor(en): 

Ulf Heseler, Rüdiger Mues, Thomas Schneider

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