Delattinia News

Die Felsenspringer von Hammerstein - Schau mir in die Augen.....

Datum: 

31.03.2008

Ort: 

Saar-Nahe-Bergland

Eine der Lichtfangstationen bei der für den 23.05. 2008 (bzw. 30. 05. 2008) geplanten Nachtfalterbeobachtung des gesamten Nahetales von der Quelle bis zur Mündung soll bei Hammerstein nahe Idar-Oberstein eingerichtet werden. Da die Xerothermstandorte des Nahetals auch für meine arachnologische Erforschung Südwestdeutschlands einen Arbeitsschwerpunkt darstellen und ich den Standort noch nicht kannte, habe ich mir die Felsenkuppe am letzten Wochenende im März 2008 angesehen.

Bedingt durch den ungünstigen Wetterverlauf in diesem Jahr, und der Exkursionstag läßt sich da nahtlos einreihen, war bezüglich der Spinnenfauna jedoch noch "nichts los", so dass ich mich etwas intensiver einer wenig beachteten Artengruppe widmen konnte, den Felsenspringern aus der Familie der Machilidae.

Es handelt sich hierbei um eine urtümliche Insektengruppe ohne Flügel, die an Felsstandorten oder in sonstigen steinigen Lebensräumen vorkommen. Charakteristisch sind drei Schwanzanhänge (Cerci) am Hinterleib und zwei lange, beinartige Kiefertaster am Kopf. Die Antennen sind lang. In Zentraleuropa kommen ca. 15 Arten vor.

Am Standort konnte ich zwei Arten feststellen, die im Gelände durch ihre sehr unterschiedliche Größe erkennbar waren.

Machilis germanica

Lepismachilis y-signata Machilis germanica Lepismachilis y-signata Augenmuster
Bei der großen Art handelt es sich um Machilis germanica. Man erkennt gut die gefleckten, grünlichen und sehr große Augen mit den schuhsohlenförmigen, rötlichbraunen Ocellen darunter. Die kleine Art ist Lepismachilis y-signata. Die Augenfärbung mit Y-Muster ist unverkennbar und eindeutig.


Fundorte von Machilis germanica sind (H. Sturm 1980, 2001):

Neuwied (Ruine Hammerstein), Koblenz (Laubachtal), Rossel (bei Rüdesheim). Rheintal von Istein bis zum Siebengebirge, Moseltal, Spitzberg bei Tübingen, Donautal bei Ulm und Regensburg, Hamm/Westfalen.
In den Niederlanden wurde die Art bei Nijmegen (leg. H. Wijnhoven) sowie bei Maastricht an der Maas gefunden.


Bei einem 2. Besuch am 12.04.2008 waren nur noch Lepismachilis zu finden und daneben ein Vertreter einer sehr ähnliche Artengruppe, der Fischchen (Zygentoma: Lepismatidae). Die Fischchen wurden früher auf Grund ihrer äußerlichen Ähnlichkeit mit den Felsenspringer in der Ordnung der Thysanura (Borstenschwänze) zusammengefaßt. In Europa soll es ca. 6 Arten geben.

  Weitere Funde von Felsenspringern im Saar-Nahe-Bergland:

Sperrenkopf bei Kronweiler, 12.04.2008:
  Lepismachilis y-signata

Prallhang der Nahe bei der Schleifmühle (Nohen), 26.04.2008:

Neben den üblichen, unifarbenen Exemplaren gab es hier auch schön gemusterte Tiere.
  Lepismachilis y-signata Lepismachilis y-signata Hüttwiesberg nördl. Mittelreidenbach, 14.06.2008:

Auf den Konglomeratfelsen des Hüttwiesbergs an den Hängen des Reidenbaches, einem Seitentälchen der Nahe war im Juni Machilis germanica die vorherrschende Felsenspringer-Art. Lepismachilis y-signata war dagegen eher selten.
  Machilis germanica
Als Trivialnamen schlage ich für diese Art "Schielender Felsenspringer" vor, da mir diese Bezeichnung gegenüber der einfachen Übersetzung des wissenschaftlichen Namens ins Deutsche, also "Deutscher Felsenspringer", sehr viel zutreffender erscheint. Der schwarze Fleck entsteht anscheint durch Interferenzen. Er erscheint nämlich auf den Fotographien je nach Kameraposition jeweils an anderer Stelle in einem der beiden Augen.
  Lepismachilis y-signata  

Nachtrag 2010: Nachweiskarten **Herzlichen Dank an Hay Wijnhoven für die Unterstützung bei der Determination und für die Informationen zur Faunistik.

Literatur: 

Sturm, H. (2001): Verzeichnis der Felsenspringer (Archaeognatha (=Microcoryphia)) Deutschlands. Entomofauna Germanica 5 (2001) - S. 3-5.

Autor(en): 

A. Staudt

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Die Mauerspinne Dictyna civica besiedelt auch die Ortschaften des Saarlandes.

Datum: 

25.08.2007

In den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde der Arachnologe Rudolf Braun auf eine kleine Spinne, Dictyna civica, aufmerksam, die auffällige Netze an Hausfassaden anlegt. Die daraufhin einsetzende Kartierung ergab eine weite Verbreitung der Art in den Wärmegebieten Deutschlands. Als nördlicher Arealrand konnte Bad Neuenahr ermittelt werden. Danach geriet die Art wieder in Vergessenheit.
Erst Anfang des 21. Jahrhunderts machte sie wieder von sich reden. Malerbetriebe schlugen Alarm und eine harmlose Spinne wurde zum "Schädling" erklärt.
Schließlich musste sich sogar der Landtag von Baden-Württemberg mit dem Spinnchen beschäftigen.

 

Dictyna civica - Verbreitung in 1950-1959
Verbreitung von
Dictyna civica im Zeitraum 1900-1959

(alle Meldungen stammen aus den 1950er Jahren
= gelbe Fundpunkte)
aktuell bekannte Verbreitung von
Dictyna civica
   
Auch im Saarland ist die Art der Arachnologie lange Zeit entgangen. Nach dem Erstfund im August 2007 am zentralen Kreisverkehr in Saarlouis stellte sich sehr schnell heraus, dass sie im Saarland weit verbreitet ist und vor allem im Saartal stellenweise ganze Straßenschluchten besiedelt. Besonders sehenswert (natürlich nur für den Spinneninteressierten, die Anwohner werden sich weniger freuen) ist z.B. die Herrenstraße in Saarlouis-Roden.
   
Dictyna civica

Foto: Dictyna civica-Kolonie an einer Fassade in Diefflen/Saarland


Erste Nachweise mit GoogleMaps: http://www.spiderling.de/civica/Dictyna_civica.htm

Literatur: 

Billaudelle, H. (1957): Zur Biologie der Mauerspinne Dictyna civica (H. LUC.) (Dictynidae: Araneida). Z. angew. Entomol. 41: 475-512.
Braun, R. (1956b): Zur Spinnenfauna von Mainz und Umgebung, mit besonderer Berücksichtigung des Gonsenheimer Waldes und Sandes. - Jb nass. Ver. Naturkde 92: 50-79.
Braun, R. (1957): Die Spinnen des Rhein-Main-Gebietes und der Rheinpfalz. - Jb.nass. Ver. Naturkde 93: 21-95.
Hertel, R. (1968): Über das Auftreten der südeuropäischen Spinne Dictyna civica (H.LUC.) in Dresden (Dictynidae, Araneida). - Abh. Ber. Naturkundemus. Görlitz 44: 89-94, Leipzig.
Heinz, M. (2001): Vorkommen und Biologie synanthroper Webspinnen (Araneae) in Nordbaden. - Staatsexamensarbeit, Universität Heidelberg, 150 S.

Autor(en): 

A. Staudt

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Fund des Roten Waldvögleins Cephalanthera rubra an der Hetschermühle

Datum: 

29.05.2007
Im Saarland waren im Verlaufe des letzten Jahrhunderts aus ca. 17 Minutenfeldern (ca. 1x2 km große Rasterflächen) Funde dieser hübschen Orchideenart bekannt geworden. Intensive Nachsuchen durch mehrere Botaniker und Naturfreunde an den bekannten alten Fundstellen im Moselgau, im Niedgau und am Wolferskopf, sowie in den südöstlichen Muschelkalkgebieten des Saarlandes sind in den vergangenen Jahren jedoch erfolglos geblieben, so dass die Art aktuell als verschollen galt.

Ende Mai entdeckten nun Wanderer im Bereich der Hetschermühle bei Eimersdorf drei Exemplare des Roten Waldvögleins an einem wenig genutzten Waldweg.
Cephalanthera rubra

Foto: Cephalanthera rubra an der Hetschermühle bei Eimersdorf

 

Peter Steinfeld schreibt uns zum aktuellen Fund:
Die Fundstelle an der Hetscher Mühle geht bis auf das 19. Jahrhundert zurück - entdeckt hat sie wohl Zuckerbäcker Schuhler aus Merzig. Im Rheinischen Herbar in Bonn liegt auch ein entsprechender Beleg von dort (-->Herbarbeleg zeigen). Auf dem Etikett des Herbarbelegs steht als Fundort der "Gerlfanger Wald". Wenn man sich die Karte ansieht, kann das eigentlich nur der Ottenschlagwald sein (liegt zwischen Gerlfangen und der Hetscher Mühle). Leider enthält die Schede kein Funddatum. Gesammelt hat die Pflanze "Johann Schuhler" (Zuckerbäcker in Merzig).
Die ältesten Belege von Schuhler, die ich gesehen habe, wurden 1867 gesammelt, die letzten 1890/91. Danach keine mehr, vermutlich ist er Anfang der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts verstorben. Es sprechen noch einige andere Indizien dafür, so erwähnt F. Wirtgen (Ende der Neunziger) in einem Artikel über Pflanzenfunde u.a. auch Schuhler (mit der Angabe verstorben).
Also können wir davon ausgehen, dass die Pflanzen wohl vor 1891 gesammelt wurden. Die Schede hat übrigens F. Wirtgen geschrieben (Schuhlers Orignale waren zumeist kleine Zettel mit Bleistift gekritzelt).

Im Saargau hat vermutlich Pfarrer Schmitt (Dillingen) als erster C. rubra gefunden: "Fickinger Wald" (Skript 1847).
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Im Südostsaarland habe ich seit knapp zwanzig Jahren keine Pflanze mehr gesehen.
Die letzten Pflanzen blühten im Wald bei Fechingen (nördl. des Wohngebietes Nachtweide), wo sie schon Ruppert und Freiberg gesammelt haben (auch hier liegen Herbarbelege vor). Mitte der achtziger Jahre wurden 4 oder 5 Pflanzen ausgegraben, seitdem habe ich selbst dort nur noch ein steriles Expl. gefunden - es könnten aber trotzdem noch weitere vorhanden sein.
Vergeblich gesucht: am Schafeck bei Eschringen (Angabe Sauer aus den Siebzigern), im Wald oberhalb Bebelsheim (auch hier noch in den Siebzigern, mittlerweile waldbaulich verändert), im nördl. Sitterswald bei Blieskastel (Angabe Wolff, Gelände waldbaulich verändert), Hochwald oberhalb der Badstube (schon Kremp, aber später auch andere Beobachter - allerdings nicht mehr seit den achtziger Jahren, obwohl das Gelände noch günstig wäre), Wald oberhalb des Unterhofes bei Altheim (Angabe Trutzer aus dem 19. Jahrhundert, in Frage kommende Stellen sind noch vorhanden), "Kleinblittersdorfer Berg" (alte Angabe von F. Wirtgen mit Herbarbeleg), Gersheim oberhalb des Gipsbruches (verbrieft noch in den Siebzigern, Pflanzen wurden geräubert).
Bei Ruppert (1938) finden sich noch weitere Hinweise, so "Wittersheim u. Herbitzheim". Ein Wanderer hat mir auch mal glaubhaft versichert, dass er vor vielen Jahren die Art im Wald oberhalb Bliesmengen-Bolchen gesehen habe und Herr Eschenbaum hat mir versichert, dass in seiner Jugend auch einige Pflanzen bei Böckweiler im südl. Zipfel des Hengsthochwaldes gestanden haben.
Vermutlich war die Art früher im Bliesgau durchaus zerstreut in den Kalkbuchenwäldern verbreitet.

Aktuell wächst die Art noch bei Grossblitterdorf am Battenberg (max. 15 Pflanzen), bei Schweyen am Kleinbirk (max. 20 Pflanzen, hier schon vom alten Schultz angegeben!), in den Neunzigern auch noch im "Buchwäldchen" oberhalb Contwig unmittelbar an der A8. Gesehen habe ich die Art auch im lothringischen Grenzgebiet des Moselgaues im "Bois de Hufels" (1994 etwa 10 Pflanzen).

Thomas Schneider kennt im Ottenschlagwald in der Nähe der Hetschermühle seit ca. 1982 eine Fundstelle mit 1-10 Exemplare. Diese Stelle liegt ca. 340 m vom jetzigen Fund entfernt im gleichen Waldgebiet. Auch am Wolferskopf konnte er 2006 wieder ein steriles Exemplar beobachten. Er schreibt weiter:
Auch im Köhlenbüsch (Moselgau bei Perl) gibt es noch eine schöne Population, meist 3 - 8 blühende Pflanzen, zuletzt im Jahr 2005 gesehen.
Im Huntinger Wald (Bois de Hunting, 6504/321) hat vergangenes Jahr Herr Dierstein einige Pflanzen gesehen.
Schon seit den Stürmen von 1990 habe ich keine Pflanzen mehr im Rabüscheck/Oberstwald und im Billig gesehen. Auch die Fundstellen im Atzbüsch und im westlichen Köhlenbüsch konnte ich nicht mehr bestätigen.
Das gleiche gilt für die Fundstelle im Quellgebiet des Wolfsbaches im Wolferskopfgebiet, hier zuletzt Anfang bis Mitte der 1990er Jahre steril.

Autor(en): 

A. Staudt

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