Delattinia News

Ungewöhnlich früher Beginn der Vegetationsperiode im Jahr 2011

Datum: 

18.04.2011

Ort: 

Reinheim

Anlässlich vorbereitender Arbeiten für eine Diplomarbeit zu einem Naturschutzthema hatte ich heute mal Gelegenheit, begleitet von Dr. Niels Gepp vom LUA, von Anita Naumann vom Biosphären-Zweckverband und von unserem Praktikanten Rolf Ziegler in den Bliesgau zu fahren. Obwohl es sich ja schon seit Wochen abzeichnet: Ich kann mich nicht erinnern, dass an einem 18. April die Natur jemals schon so weit fortgeschritten war.

Zunächst zu den Pflanzen:

Orchis mascula und O. morio sind überall in Vollblüte, Orchis ustulata bei Habkirchen fast in Vollblüte, in der Badstube am Aufblühen. Orchis simia ist in Vollblüte (Foto); dazu blüht Orchis purpurea auf; von Himantoglossum hircinum, Neottia nidus-avis und Listera ovata sieht man die Knospen. In der Badstube sind Polygala calcarea und P. amarella voll aufgeblüht. In Habkirchen-Willerklamm blühen die erste Esparsette und der erste Hornklee. In Reinheim/Lohe West dann ein ganz persönliches Highlight: Eine kleine Population des Sumpf-Löwenzahns (Taraxacum Sect. Palustria; Foto 1); die genaue Artbestimmung muss ein Spezialist vornehmen. Der Sumpf-Löwenzahn war übrigens bereits abgeblüht.

Zur Fauna:

Baumpieper und Klappergrasmücke rufen an vielen Stellen. Und die Feldgrillen sind rufaktiv. Schmetterlinge sind nicht gerade in Mengen unterwegs, man sieht aber Arten, die man sonst erst im Mai findet. Heute waren es z. B. der Rote Puzzlefalter (Spialia sertorius) und der Esparsetten-Bläuling (Polyommatus thersites) bei Habkirchen.

(Anmerkung A. Staudt: Auch im zentralen Teil des Saarlandes ist die Orchideenblüte dieses Jahr besonders früh. Am 16.04.2011 befand sich z.B. das Orchis morio-Vorkommen im NSG "Unterer Klapperberg" bei Lebach/Steinbach bereits in Vollblüte. Das sind ca. 2-3 Wochen vor dem langjährigen Mittel.)

Erste Nachweise des Kleinschmetterlings Psychoides verhuella im Saarland und Umgebung

Datum: 

20.02.2011

Ort: 

Bardenbach

Erste Hinweise, dass diese Art auch im Saarland vorkommt, gehen auf den letzten November zurück, als mir bei einem Besuch des Hirschzungenfarn-Vorkommens zwischen Bardenbach und Büschfeld Fraßschäden an den Farnwedeln auffielen, die man mit großer Sicherheit Psychoides verhuella zuordnen konnte (vgl. Foto 2). 

Bei einem Besuch des Serriger Tals westlich Serrig (auf der linken Saarseite nördl. der Siedlung Staadt) fielen mir nun (19. Feb. 2011) braun verfärbte Fiederblättchen an einem Farnstock des Braunstieligen Streifenfarn Asplenium trichomanes auf, die mich zur näheren Musterung animierten. Auf den Blattunterseiten befanden sich vergleichsweise auffällige "Riesensori", die Tarndecken der Raupen. Wenn man etwas Geduld aufbringt, kann man sehen, dass sich die Riesensori bewegen und dabei der Kopf der Raupe am Rande gelegentlich auftaucht. 

Aufgrund dieser Beobachtungen unternahmen A. Werno und ich gleich am nächsten Tag (20. Feb. 2011) eine Kurzexkursion zu den Bardenbacher Felsen, wo wir nach einiger Suche ebenfalls Raupen von Psychoides verhuella fanden. 
Ein Besuch des kleinen, nordexponierten Felsens am Westrand des Hammelsbergs bei Apach bzw Perl(der Felsen liegt im Saarland) mit seinem großen Vorkommen des Hirschzungenfarns erbrachte ebenfalls einen Raupenfund. Fraßschäden waren dagegen vergleichsweise häufig zu sehen (11.03.2011).

23.03.2011: Nachweis von Raupen auch am Stromberg-Nordhang südl. Schengen/Lux.. Das dortige Hirschzungenfarn-Vorkommen ist noch um etliches größer als am Hammelsberg auf der anderen Moselseite. (Bildnachweis "Schengen")

Erster Fund der Ritterwanze Lygaeus equestris im Saarland

Datum: 

28.08.2010

Ort: 

Honzrath-Hellwies

Obwohl die Ritterwanze in der Großregion allgemein verbreitet ist, stand der Nachweis für das Saarland bisher noch aus.
Dies liegt sicherlich nicht an einer ungenügenden Bearbeitungsintensität. Die relativ große und sehr auffällige Art wäre sicherlich schon einem der entomologisch interessierten Besuchern der saarländischen Halbtrockenrasen aufgefallen, wenn sie hier beständige Vorkommen besitzen würde. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall. Auch ich habe die Art, die mir von den lothringischen Halbtrockenrasen her bestens bekannt ist, noch nie im Saarland beobachtet.
Die Situation in Luxemburg ist ähnlich. Auch dort wurde die Art schon seit fast einem Jahrhundert nicht mehr beobachtet. 2009 wurde die Art auch in Luxemburg wiedergefunden (SCHNEIDER 2010).

Nun gelang der erste Nachweis im Saarland an etwas ungewöhnlicher Stelle. Am 28. August 2010 fing ich das unten abgebildete Exemplar auf einem Sandtrockenrasen bei Honzrath-Hellwies. Die typischen Pflanzen, an denen die Tiere üblicherweise zu finden sind, nämlich Schwalbenwurz oder Adonisröschen, gibt es dort selbstverständlich nicht.

Vor ca. 25 Jahren wurde von DECKERT (1985) erkannt, dass es sich bei unserer Ritterwanze um zwei verschiedene Arten, Lygaeus equestris und Lygaeus simulans, handelt. Die Unterscheidung ist mit Hilfe des Genitals und der Behaarung am Scutellum möglich. Die Behaarung läßt sich mit einer Botanikerlupe im Felde beurteilen. 
Bei dem in Hellwies gefundenen Exemplar handelt es sich um ein Weibchen von Lygaeus equestris (det. & Coll. KALLENBORN).

Literatur: 

Deckert, J. (1985): Über Lygaeus simulans spec. nov. und L. equestris (LINNAEUS, 1758), zwei nahe verwandte paläarktische Lygaeinae (Heteroptera, Lygaeidae). - Mitteilungen Zoologisches Museum Berlin 61: 273-278.
Rabitsch, W. & Deckert, J. (2007): Die Ritterwanze Lygaeus equestris LINNAEUS, 1758 (Heteroptera: Lygaeidae) - das Insekt des Jahres 2007. - Beiträge zur Entomofaunistik 8 (2007), 212-218.
Schneider, N., 2010. Découverte de Leptoglossus occidentalis Heidemann, 1910 et redécouverte de Lygaeus equestris (L., 1758) au Luxembourg (Insecta, Hemiptera, Heteroptera). Bull. Soc. Nat. luxemb. 111 : 115-116.

Autor(en): 

A. Staudt

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Erster Fund der Italienischen Schönschrecke Calliptamus italicus in unmittelbarer Grenznähe zum Saarland

Datum: 

06.08.2010

Ort: 

Hammelsberg bei Perl

Am 06. August 2010 bei einem Besuch des Kalksteinbruchs am Hammelsberg bei Perl bzw. Apach, der erst vor kurzem wieder freigestellt wurde, weckten zwei Exemplare einer rotflügeligen Heuschrecken-Art das Interesse von Andreas Werno. Am Hammelsberg achten alle Entomologen der Region bei jedem Besuch auf Heuschrecken mit roten Hinterflügeln, da WEIZEL (1986) hier vor vielen Jahren eine Rotflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda germanica) beobachtet hatte. Dieser Fund ist aber der einzige Nachweis der Oedipoda germanica im bzw. in direkter Nähe des Saarlandes geblieben. Auch am Hammelsberg konnte die Art danach nie wieder beobachtet werden.
Als eines der Tiere eingefangen war, stellte sich schnell heraus, dass es sich hierbei nicht um die lang verschollene Oedipoda germanica handelte, sondern um die Italienische Schönschrecke Calliptamus italicus, die ebenfalls leicht rötliche Hinterflügel besitzt. Das gefangene Tier ist als Beleg in der Sammlung WERNO hinterlegt.

Calliptamus italicus ist eine wärmeliebende Heuschrecke, die in Deutschland nur auf Wärmeinseln bzw. in Trockengebieten vorkommt. Die nächsten Vorkommen zum Saarland befinden sich in den Weinbaugebieten des Unteren Nahetals. Alte Vorkommen sind auch vom Haardrand bei Bad Dürkheim bekannt, diese wurden allerdings schon viele Jahrzehnte nicht mehr bestätigt.
Aus dem deutschen Moselgebiet liegen dagegen keine Fundmeldungen vor, auch keine älteren. Auch in Luxemburg sind keine Vorkommen bekannt (PROESS 2004). In Lothringen ist das anders. Auf den Trockenrasen an den Hängen des Moseltales (auch an denen des Maastales) kann man die Art ziemlich regelmäßig beobachten (Karte). Das nächstgelegene Vorkommen zum Saarland dürfte die Population am Mont Saint Quentin bei Metz sein. Von dort stammt auch das Foto oben (Foto 1). 

Da ein Großteil der alten, in der faunistischen Literatur dokumentierten Funde bei den aktuellen Heuschreckenkartierungen nicht mehr bestätigt werden konnten, schätzen MAAS et al. (2002) die Art, bundesweit betrachtet, als "vom Aussterben bedroht" ein.

Literatur: 

Jacquemin, G. & Sardet, E. (2007): Listes de référence des insectes de Lorraine - 3. Orthopteroidea. - Bulletins et Listes de Référence de la Société Lorraine d'Entomologie, 31 S.. 
Maas, S., Detzel, P. & STAUDT, A. (2002): Gefährdungsanalyse der Heuschrecken Deutschlands - Verbreitungsatlas, Gefährdungseinstufung und Schutzkonzepte. - Bundesamt für Naturschutz, Bonn-Bad Godesberg 2002.
Proess, R. (2004): Verbreitungsatlas der Heuschrecken des Großherzogtums Luxemburg. - Ferrania 39, 125 S..
(Download als PDF)
Weizel, M. (1986): Zur aktuellen Verbreitung der Kurzfühlerschrecken (Insecta, Caelifera) im Hunsrück, Saargau, Eifel, Westerwald und Bergischem Land. - Dendrocopus 13: 88-102.

Autor(en): 

A. Werno, A. Staudt

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